Naturraum und Kulturlandschaft im Einklang
Über die Hälfte der Kreisfläche unter allgemeinem Landschaftsschutz
Wie die beiden Landschaftsräume des heutigen Landkreises Kronach – Frankenwald und Obermainisches Hügelland – ausgesehen haben, als sie erstmals von Menschen besucht wurden, bleibt Vermutungen überlassen. Prägend für das Mittelgebirge waren sicher die Klimaverschlechterungen der Eiszeiten und die anschließende Rückeroberung des Landes durch wärmeliebende Arten – Pflanzen wie Tiere. Heute wären die Böden ohne Nutzung durchgehend von Wald bedeckt, in dem sich nur in den höchsten Lagen des Frankenwaldes Fichten gegen die Vorherrschaft der Buche (Galio odorati Fagetum) behaupten könnten. Das reale Bild der Landschaft zeigt im Südwesten weitgehend offene, hügelige Agrarfluren und im Nordosten weitläufige Fichtenforste, in die Rodungsinseln mit oft noch charakteristischen Waldhufendörfern und reizvolle schmale Wiesentäler eingebettet sind. Diese Kulturlandschaft bezeugt eindrucksvoll die planmäßige Besiedlung des Landes vor fast 1000 Jahren durch das Bistum Bamberg.
Mit der allgemeinen technischen Entwicklung kam es vor 50 bis 60 Jahren nach Jahrhunderten intensivster Landschaftsnutzung (ohne Kunstdünger!) zu einer massiven Waldzunahme, die naturgemäß zuerst die ärmsten Böden – und damit die reizvollsten Wiesen – traf. Mit 1,43 Prozent der Landkreisfläche wird neben naturnahen Waldresten vor allem Extensivgrünland durch strenge Vorgaben geschützt, das in der heutigen Agrarproduktion keinen Platz mehr findet. Diese Tendenz hält weiter an: So hat sich die Wiesenpflege zu einer der Hauptaufgaben des Landschaftspflegeverbandes Frankenwald entwickelt und bindet derzeit zusätzlich jährlich etwa 1,4 Millionen € an staatlichen Fördermitteln aus Landwirtschaft und Naturschutz.
Mehr als die Hälfte der Landkreisfläche steht unter allgemeinem Landschaftsschutz – eine Mitvoraussetzung für den Naturpark Frankenwald, der nur die südlichsten Kreisgebiete nicht mit abdeckt. Im Rahmen einer europaweit anerkannten Charta von 2001 engagiert sich der Naturparkverein unter Einbeziehung von Kommunen, Gastronomie, Tourismus- und Naturschutzvertretern für eine Stärkung des nachhaltigen und naturverträglichen Tourismus.
Spezielle Landschaftsschutzgebiete (Heckengebiete, Auwald, Magerrasen, Ruhezonen...), Naturschutzgebiete (Laubwald, Täler...) und flächenhafte Landschaftsbestandteile (Teiche, Seitentälchen, Quellmulden...) nehmen immerhin 7 Prozent der Landkreisfläche ein. Der Anteil an Flora-Fauna-Habitat-(kurz FFH-)Gebieten beträgt hauptsächlich durch große Staatswaldbereiche etwa 3 Prozent der Landkreisfläche.
Während naturnaher Wald sich durch geringe bzw. keine Eingriffe am besten von allein entwickelt, fordern die aus traditionellen Nutzungen entstandenen Wiesen des Nordens und Schafweiden des Obermainischen Hügellandes ständige Pflege. Mit einer weiteren Umstrukturierung der Agrarproduktion erschwert sich diese wichtige Naturschutzaufgabe, aus der neben charakteristischen Arten wie Bärwurz und Arnika, Silberdistel und Enzian auch das Landschaftsbild Gewinn zieht. Was fehlt sind die Verwerter des Aufwuchses: Weidetiere. Aus diesem Grund laufen Bemühungen, mit Hilfe von LEADERplus-Fördermitteln extensive Beweidungsprojekte (“Landschaftsweiden”) ins Leben zu rufen bzw. die vorhandenen Ansätze zu unterstützen. Während die Weiden in erster Linie der Offenhaltung großflächiger Landschaftsbereiche dienen sollen, garantiert die erforderliche Winterfütterung eine Abnahme sorgfältig gewonnenen Landschaftspflegeheus. Der nächste Schritt liegt dann in einer Vermarktung des aus biologischer und ethischer Sicht unbelasteten Fleisches.
Zwangsläufig führen veränderte Nutzungen zu veränderten Landschaften. Welche Kulturlandschaftsrelikte unbedingt in ihrer traditionellen Form zu erhalten sind, wo eine langfristige Erkennbarkeit zum Beispiel der Gelängefluren ausreicht oder wann Landschaftsabschnitte völlig sich selbst überlassen bleiben können (etwa Auwälder mit frei mäandrierenden Bächen), soll in den nächsten Jahren in Zusammenarbeit mit den Betroffenen sowie den Fachbereichen Denkmalschutz und Ökologie erarbeitet werden.
Bergwiese bei Steinbach a. d. Haide: Hier gibt es noch die traditionelle Rinderweide, mit deren Hilfe auch zukünftig ortsnahe Steilhänge waldfrei gehalten werden können. |
Umrahmt von Wiesen, Hecken und Baumgruppen schmiegt sich das Dorf in die Feldflur. Auf längere Sicht wird die Grünlandnutzung in alter Weise nicht bestehen bleiben. |
Mädesüß (Filipendula ulmaria), die Hauptart unserer feuchten Talbrachen, bildet oft dichte, blütenreiche Bestände. Diese stellen für viele Insekten einen willkommenen Lebensraum dar und können oft über Jahrzehnte das unerwünschte Aufkeimen von Gehölzen verhindern. |
Der Aufwuchs der feuchten Talwiesen wird längst nicht mehr als Viehfutter benötigt. Ohne staatliche Fördermittel zur Mahd hätte die Brache liebende Pestwurz (Petasites hybridus - im Vordergrund) bereits mehr als nur den Grabenrand erobert. Im Hintergrund ist das Anwesen "Obergrümpelmühle" zu erkennen. |
Typische Vertreter magerer Frankenwaldwiesen sind Barwurz (Meum athamanticum - links im Bild) und Arnika (Arnica montana - Bildmitte, blühend). Sie verschwinden sowohl bei einer Intensivierung als auch bei Aufgabe der Nutzung. |
Der geschützte Fischteich mit breitem Schilfgürtel wird weiterhin extensiv bewirtschaftet. Das Durchfrieren des Teichbodens nach dem Ablassen dient dem natürlichen Abbau von Faulschlamm. |
Neue Wege der Landschaftspflege: Hochlandrinder beweiden das Tettautal. Im Vordergrund blüht die verschiedenblättrige Kratzdistel (Cirsium heterophyllum) am Straßenrand. Die am Hang erkennbaren Auflichtungen im alten Grenzstreifen ("Grünes Band") liegen bereits auf Thüringer Gebiet. |